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Fronleichnam

Seit die Liturgische Bewegung einen neuen Zugang zum eucharistischen Geheimnis suchte und fand, sind in der Kirche wachsend Zweifel darüber aufgestiegen, ob es sinnvoll sei, in der gewohnten Weise Fronleichnam zu feiern. Als das wahre Fronleichnamsfest erschien nun nur noch der Gründonnerstag, das christliche Pascha, das den eigentlichen inneren Wurzelgrund der Eucharistie und ihre rechte Richtung aufdeckt: Durch Tod und Auferstehung hindurch ist der Herr unser wahres Leben geworden, er, der uns nicht nur den Knechtsdienst der Fußwaschung tut, sondern das wahre Brot des Menschen ist.

Kann man seine eucharistische Gabe anders verehren als in der Mitfeier des Pascha, in die uns jede Messe hineinführt? Kann man dem geheimnisvollen Ruf des Sakraments anders entsprechen als dadurch, dass man es empfängt, ihn sich schenken lässt und darin sich selber schenkt? Ist der Prunk des mittelalterlichen Festes nicht eine Abirrung von der Größe des Mysteriums?

Heute sind wir vielleicht doch langsam wieder fähig, auch umgekehrt zu fragen: Hat unser Eifer für das Ursprüngliche und Anfängliche uns nicht ein wenig blind für die Weite und Tiefe der Gaben Christi gemacht, für  die vielfältigen Dimensionen, in denen sich das Eine entfaltet und darstellt? Ist die Eucharistie als das christliche Pascha nicht auch das Fest, das Gott uns gibt?

Papst Benedikt XVI. während der Anbetung vor dem Leib Christi in einer Monstranz bei der Fronleichnamsprozession am 26. Mai 2005 in Rom.

Zum Fest gehört die Freude, zur Freude der Ausdruck, der Überschwang, die Entschränkung der Grenzen des Alltäglichen, die Einheit von Gegenwart und Zukunft, von Erde und Himmel. Muss es nicht einen Tag im Jahr geben, an dem einmal dies zur Geltung kommt, an dem Eucharistie als Gottesfest ausgreift in die Straßen und Plätze unseres Alltags und die kommende Welt darstellt, in der es keinen Tempel mehr gibt, weil die Welt selbst Stadt Gottes geworden ist? Wir kennen einen Tag des Baumes, einen Tag des Pferdes und Ähnliches. Muss es nicht einen Tag geben, an dem einmal die Straße nicht dem Geschäft, der Hast unserer Besorgungen gehört, sondern einfach der Freude, dass Gott unter uns ist? Ist dieser Tag des Herrn nicht gerade so recht eigentlich der Tag des Menschen, der Tag der Stadt, des Dorfes, der Straße, die hier ihre höchste Bestimmung erfährt – Weg Gottes zu uns, Weg des Menschen mit Gott zu sein?

Und was das andere angeht, dass Eucharistie nicht zum Anschauen, sondern zum Empfangen da sei: Gehört zum Empfangen nicht, dass wir dem Herrn »einen Empfang« bereiten? Kann Empfangen des Herrn je anders geschehen, als indem wir zugehen auf ihn, wie er zugeht auf uns; gehen mit ihm, wie er geht mit uns? Kann Empfangen anders geschehen, als indem wir lernen, ihn anzuschauen? Kann Empfangen des Herrn anders sein, als dass wir ihn anbeten und so unendlich getrennt und unendlich eins zugleich mit ihm sind? Und muss dies alles nicht irgendwann auch vor die Sinne treten, damit es vor die Seele tritt? Und hat nicht so das Mittelalter vielleicht doch mehr von Eucharistie verstanden, als unser Puritanismus wahrzunehmen vermochte?

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