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Hoffnung

Sie beruht zunächst auf einem Mangel des Menschseins: Der Mensch erwartet immer mehr, als ihm irgendeine Gegenwart geben kann. Je mehr er dieser Erwartung nachgeht, desto mehr wird er gewahr, dass sie die Grenzen des Empirischen überhaupt sprengt. Das Unmögliche ist ihm das Notwendige.

Hoffnung aber bedeutet die Zuversicht, dass dieses Verlangen Antwort findet. Wenn die Erfahrung des Mangels, die Paradoxie des Verlangens aus sich heraus den Menschen zur Verzweiflung an sich selbst und an der Vernunft des Seins treiben muss, so wird diese Zuversicht umgekehrt eine verborgene Freude über alle empirischen Freuden und Leiden hin sein, so dass der Mensch gerade durch seinen Mangel reich ist und von ihm her (durch die Hoffnung) ein Glück empfängt, das er ohne diesen Ausgriff nicht erfahren könnte. Die Hoffnung ließe sich dem gemäß beschreiben als die Antizipation des Kommenden; in ihr ist das »Noch-nicht« in gewisser Weise da, und gerade so ist sie die Dynamik, die den Menschen immerfort über sich hinausdrängt und ihn hindert, je zum Augenblick zu sagen: Verweile doch, du bist so schön.

Das bedeutet, dass zur Hoffnung einerseits die »Dynamik des Vorläufigen« gehört, die Überschreitung aller empirischen Erfüllungen; es bedeutet aber andererseits auch, dass durch die Hoffnung das, was »noch nicht« ist, doch »schon« in unser Leben hereinleuchtet: Nur eine gewisse Art von Gegenwart kann das absolute Vertrauen begründen, das Hoffnung ist. […] Genau dies sagt die Definition von Glaube, die der Hebräerbrief gibt: Glaube ist die »Hypostase« der zu hoffenden Dinge, die Gewissheit des Nicht-zu-Sehenden (11,1). In diesem grundlegenden biblischen Text ist sowohl eine Ontologie wie eine Spiritualität der Hoffnung ausgesagt. […]

Christliche Symbole auf einer Grabplatte in den Domitilla Katakomben, Rom

Glauben heißt aus dem Schattenspiel der zerfallenden Dinge heraustreten und den festen Boden der wahren Wirklichkeit, die »Hypostase« erreichen – ganz wörtlich also: das, was steht und worauf man stehen kann. Anders ausgedrückt: Glauben bedeutet einen Boden gefunden haben, an die wirkliche Substanz aller Dinge herankommen. Mit dem Glauben hat die Hoffnung »Fuß gefasst«: Der Schrei der Erwartung, der aus unserem Wesen herausdringt, geht nicht ins Leere; er findet einen festen Anhalt, den nun wir unsererseits festhalten müssen. Die Ontologie geht hier von selbst in Spiritualität über. […] Wir – die Christen – haben eine andere Weise des Seins, wir stehen auf einem anderen Boden, den uns niemand wegzuziehen vermag, selbst der Tod nicht.

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