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Trost und Zuversicht

Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI. über Sterben, Tod und Ewiges Leben

Papst Benedikt XVI. bei einer Ostermesse im Angesicht mit Jesus.

Christus klopft an die Tür unseres Lebens

In den Zeichen des Todes klopft das Ende an die Tür unseres Lebens. Aber dieses Ende ist nicht bloß Zerstörung. Im tiefsten wissen wir, dass in all den Zerstörungen und Nöten unseres Daseins, in dieser immer währenden Gegenwart des Todes, Christus an die Tür unseres Lebens klopft. Christus, der uns entreißt der falschen Selbstherrlichkeit des Egoismus, der uns führt in die Freiheit des Glaubens hinein, die nichts mehr ängstigt, nichts erschreckt, weil sie erkannt hat, dass ein Mensch, dem alles zerbricht, ja nie ins Bodenlose fällt, sondern am Ende hineinfällt in die Arme der ewigen Liebe, die auf dem Grunde der Welt unser wartet.

Solche Zuversicht soll in der passio unseres Lebens uns zuwachsen, dass auch wir wieder beten lernen: Komm, Herr Jesu. Dass wir lernen, im Ende den wahren Beginn zu erkennen, im Tod die Taufe, die uns zur Auferstehung führt und zum ewigen Leben. – Komm, Herr Jesu!

Der Tod ist eine Straße der Hoffnung

Denn wenn es Gott gibt und wenn dieser Gott den Menschen gewollt hat und will, dann ist klar, dass seine Liebe das kann, was die unsere vergeblich will: den Geliebten über den Tod hinaus am Leben halten. Unsere Friedhöfe mit ihren Zeichen der Anhänglichkeit und Treue sind eigentlich solche Versuche der Liebe, den anderen irgendwie festzuhalten, ihm noch ein Stück Leben zu geben. Und ein wenig lebt er ja auch wirklich noch in uns fort – nicht er selbst, aber etwas von ihm. Gott kann mehr festhalten – nicht nur Gedanken, Erinnerungen, Nachwirkungen, sondern einen jeden als ihn selbst.

So gewannen für die Christen auch die Anläufe der alten Philosophie ihren Sinn. Sie hatte gesagt: Wenn du über den Tod hinaus bestehen willst, dann musst du möglichst viel von dem in dich aufnehmen, was ewig ist: Wahrheit, Gerechtigkeit, das Gute. Je mehr du davon in dir hast, desto mehr bleibt von dir, desto mehr bleibst du. Oder besser: du musst dich an dies Ewige hängen, so dass du ihm zugehörst und an seiner Ewigkeit teilnimmst.

Sich an die Wahrheit hängen und so dem Unzerstörbaren zugehören — das wird nun ganz real und ganz nahe: Hänge dich an Christus, er trägt dich durch die Nacht des Todes, die er selbst durchschritten hat. So gewinnt Unsterblichkeit Sinn. Sie ist nun nicht mehr eine endlose Dublette des Jetzigen, sondern ganz Neues und doch wirklich unsere Ewigkeit: In den Händen Gottes sein und so eins mit allen Geschwistern, die er uns geschaffen, eins mit der Schöpfung – das ist erst das wirkliche Leben, auf das wir jetzt nur aus Nebeln hinblicken.

Ohne Antwort auf die Gottesfrage bleibt der Tod ein grausames Rätsel, und jede andere Antwort führt ins Widersprüchliche. Wenn aber Gott ist, der Gott, der sich in Jesus Christus gezeigt hat, dann gibt es ewiges Leben, und dann ist auch der Tod eine Straße der Hoffnung.

Das wirkliche Leben finden

Darum geht es. Dass wir gottfähig werden und so in das eigentliche, in das ewige Leben hineinkommen können. Er ist in der Tat gekommen, damit wir die Wahrheit kennenlernen. Damit wir Gott berühren können. Damit uns die Tür offensteht. Damit wir das Leben finden, das wirkliche Leben, das nicht mehr dem Tod unterworfen ist.

Unsere Hoffnung ist gegründet auf die Liebe Gottes

Wie antworten wir Christen auf die Frage des Todes? Wir antworten mit dem Glauben an Gott, mit einem Blick der festen Hoffnung, die auf den Tod und die Auferstehung Jesu Christi gegründet ist. Dann ist der Tod auf das Leben hin offen, auf das ewige Leben, das nicht eine unendliche Kopie der gegenwärtigen Zeit ist, sondern etwas vollkommen anderes.

Der Glaube sagt uns, daß die wahre Unsterblichkeit, die wir erhoffen, nicht eine Idee, eine Vorstellung ist, sondern eine Beziehung der vollkommenen Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott: es ist das Bleiben in seinen Händen, in seiner Liebe, es ist das in ihm Einswerden mit allen Brüdern und Schwestern, die er geschaffen und erlöst hat, mit der ganzen Schöpfung.

Unsere Hoffnung ist gegründet auf die Liebe Gottes, die im Kreuz Christi erstrahlt und im Herzen die Worte des guten Schächers erklingen läßt: »Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein« (Lk 23,43). Das ist das Leben, das zu seiner Fülle gelangt ist: es ist das Leben in Gott; ein Leben, das wir jetzt nur erahnen können, wie man den klaren Himmel durch den Nebel erahnt.

Buchcover Gesammelte Schriften Joseph Ratzinger Auferstehung und Ewiges Leben vom Herder Verlag

Literaturempfehlung:
Band 10 der Gesammelten Schriften von Joseph Ratzinger (JRGS), Auferstehung und Ewiges Leben

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